Ist es Sexismus im Betrieb?

Übersicht

Unternehmen:  Weltweit zeigt sich Sexismus am Arbeitsplatz in vielen unterschiedlichen Erscheinungsformen.

Besonderes: Dieser Text versucht ein paar Hilfen an die Hand zu geben um herauszufinden ob Situationen am Arbeitsplatz sexistisch sind.

Kategorie

Querschnittsthemen, Sexismus

Weiterführende Infos:
Das Patriarchat Angreifen!-Komitee
Gender Equity Committee der IWW in Nordamerika

Erfahrungsbericht

Von Angel Gardner-Kocher.
Solidarität gegen Sexismus im Betrieb.

Wenn es etwas gibt, dass ich in den letzten 15 Jahren, während ich im Restaurant und Einzelhandel arbeitete, gelernt habe, dann dass sexuelle Belästigung und Sexismus am Arbeitsplatz nicht verschwunden sind. Vielleicht entwickelst du mehr Toleranz demgegenüber, dass du zum sexuellen Objekt gemacht wirst. Vielleicht hast du Angst, dass es, wenn du dich unwohl damit fühlst, bedeutet, dass du prüde oder Hoffnungslos „von-gestern“ bist. Die Wahrheit ist, das es bei sexueller Belästigung und Sexismus nur um Macht geht. Wir fühlen uns unwohl, wenn wir uns für uns selbst einsetzten müssen, weil in diesen Situationen auch Machtverhältnisse in Frage gestellt werden: nicht nur am Arbeitsplatz, sondern generell in der Gesellschaft.

Ist es sexuelle Belästigung oder Sexismus am Arbeitsplatz?

  • Ein Bezirksleiter fragt dich und deine 40jährige Kollegin: „Würdet ihr beiden Mädchen uns Kaffee für unser Meeting machen?“
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  • Dein Manager bringt alle Frauen dazu am Arbeitsplatz enganliegende Barbiepuppen T-Shirts zu tragen, die gewollt zu klein sind und dazu sagt: „Aus guten Gründen…“, während Männern angeordnet wird, einfache schwarze Poloshirts zu tragen, die nicht figurbetont sein müssen.
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  • Während deiner Einführung in einem Bekleidungs-Einzelhandel wird dir gesagt, du müsstest mit potenziellen Kunden flirten um Sachen zu verkaufen. Du fühlst dich unwohl damit und ungeachtet deiner aktiven Anstrengungen auf professionelle Weise, wirst du später zur Seite genommen, weil du „nicht freundlich genug“ wärst.
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  • Ein durchschnittlich attraktiver Mann sitzt an der Bar, starrt dich während deiner Schicht an und macht verschiedene Kommentare über dein Äußeres, so dass du dich unwohl fühlst. Wenn du ihm sagst er solle das lassen meint er das du dich geschmeichelt fühlen solltest. Dein Chef versäumt es einzuschreiten und deine anderen KollegInnen, die sich über diese Aufmerksamkeit freuen, sagen dir, dass du komisch bist, weil du das nicht magst.

 

Die Antwort ist: Wenn irgendeine dieser Regeln, Einstellungen oder Verhaltensweisen dazu führt, dass dich unwohl fühlst, dann solltest du damit nicht alleine klarkommen müssen.

Die Antwort ist: Wenn irgendeine dieser Regeln, Einstellungen oder Verhaltensweisen dazu führt, dass dich unwohl fühlst, dann solltest du damit nicht alleine klarkommen müssen.

 
Die Toleranzgrenzen von uns allen sind unterschiedlich. Einige deiner Kolleginnen stört es nicht, wenn sie „Mädchen“ oder „Süße“ genannt werden, während andere es dir übel nehmen als „Frau“ oder einem anderen geschlechtsspezfischen Pronomen angesprochen zu werden. Unterschiedliche Erwartungen an Uniformen von MitarbeiterInnen nach Geschlechtern sind sexistische Praktiken, die einen potenziellen feindseligen Arbeitsplatz produzieren. Das Flirten mit Kunden und Kundinnen sollte niemals vorausgesetzt sein, sondern auf deiner Entscheidung basieren. Einige Leute finden die Aufmerksamkeit, und dass sie mehr Trinkgeld bekommen, wenn sie ihr Äußeres zur Schau stellen und flirten, vielleicht gut. Aber nicht alle sollten so handeln müssen.Andere dafür zu beschimpfen, dass sie sich gegen Situationen wehren, in denen sie sich unwohl fühlen, befördert ein Klima für Belästigungen.

Verursacht eine Regelung oder Einzelpersonen auf der Arbeit ein feindseliges Arbeitsklima?

Firmen sagen ihren ArbeitnehmerInnen häufig, dass alle mit ihren Problemen zur Personalabteilung kommen sollen. Aber oft handelt die Personalabteilung so, dass sie das Image der Firma verteidigt und sich gegen der/die ArbeiterIn wendet. Vor allem dann, wenn es um eine Beschwerde gegen das Management geht. Vielleicht denkst du, dass der beste Aktionsweg der rechtliche ist. Doch den rechtlichen Weg zu gehen, ist nicht immer die beste, oder einzige Möglichkeit.

Zunächst einmal können Gerichtsprozesse eine lange Zeit in Anspruch nehmen, eine Direkte Aktion am Arbeitsplatz wirkt sofort! Dazu kommt, dass – obwohl es rein technisch gesehen illegal ist – es für Firmen einfacher ist, sich an Einzelnen zu rächen als gegen eine Gruppe von ArbeiterInnen vorzugehen. Zum Beispiel enden Fälle von sexueller Belästigung oftmals damit, dass Firmen Frauen durch den Schmutz ziehen und das kann sehr traumatisch für die Leidtragende sein. Gemeinsam gegen Sexismus und sexuelle Belästigung an der Seite deiner KollegInnen zu bekämpfen, sendet die klare Botschaft, dass so ein Verhalten oder so eine Atmosphäre nicht toleriert wird! Außerdem wird deutlich das sich ArbeiterInnen organisieren um die Arbeitsbedingungen für alle zu verbessern.

Wie bekämpfe ich Sexismus und sexuelle Belästigung an meinem Arbeitsplatz?

  • Forme ein Bündnis aus KollegInnen, die deine Anliegen teilen oder damit sympathisieren. Sexuelle Belästigung betrifft Gewerkschaftsmitglieder und Nicht-Gewerkschaftsmitglieder gleichermaßen, also schließe potenzielle BündnispartnerInnen nicht von Vornherein aus.
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  • Werfe KundInnen und KlientInnen die wiederholt auffallen aus dem Laden und gehe sicher, dass das verhängte Hausverbot auch vom Rest deiner KollegInnen durchgesetzt wird.
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  • Bereite einen Eskalationsplan mit Aktionen vor, die ihr machen könnt, falls euer Boss/eure Chefin nicht reagiert, Aktionen wie die Einreichung einer Petition, das Aufstellen eines Infostandes und/oder eine Arbeitsunterbrechung
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  • Konfrontiere ArbeiterInnen, die sich weigern ihren KollegInnen zu helfen, wenn sie sich belästigt, bedroht oder unwohl fühlen. Führe Einzelgespräche über die Auswirkungen von sexistischem Verhalten (wie Grenzen nicht zu respektieren) und sexistischer Äußerungen („Stell dich nicht so an“) und erläutere deine Gefühle auf eine authentische, aber ruhige und überlegten Weise.

 

Solidarität am Arbeitsplatz kann nicht existieren, so lange wir nicht zusammen unseren Anspruch auf einen Arbeitsplatz unter sicheren Arbeitsbedingungen und frei von Belästigung und Diskriminierung verteidigen.

 
Solidarität am Arbeitsplatz kann nicht existieren, so lange wir nicht zusammen unseren Anspruch auf einen Arbeitsplatz unter sicheren Arbeitsbedingungen und frei von Belästigung und Diskriminierung verteidigen.

Wenn ArbeiterInnen gemeinsam gegen sexuelle Belästigung und Sexismus kämpfen, können wir gestärkt unsere Arbeitsplätze zurück erobern und nähere Beziehungen zu unseren KollegInnen aufbauen: Durch gegenseitiges Vertrauen und den Respekt füreinander. Mit jeder direkten Aktion bereiten wir uns auf größere Erfolge vor.

Solidarität!

Über die Autorin
Angel Gardner-Kocher ist Mitglied der Twin Cities IWW und war von 2009-2011 in der IWW Starbucks Workers Union organisiert. Im Moment arbeitet sie als Bibliothekarin, zuständig für Jugendhilfe in einer öffentlichen Bibliothek und ist Gewerkschaftssekretärin innerhalb der Gewerkschaft im öffentlichen Dienst (AFSCME).


Übersetzt von Mark Richter/IWW Frankfurt am Main und Levke Asyr/ IWW Leipzig.

Der Artikel heißt im Original „Solidarity against sexism on the shop floor“, geschrieben von Angel Gardner-Kocher. Er wurde zu erst in dem Fanzine mit dem Titel „You better work. Queer/trans*/feminist workers‘ stories“, von den Twin Cities Industrial Workers of the World (IWW), herausgegeben.

Das Fanzine „You better work“ ist eine im August 2014 erstmals veröffentlichte, aber über einen längeren Zeitraum geplante Reihe von Arbeitsplatzgeschichten, mit dem Schwerpunkt und der Perspektive von queeren/trans*/feministischen Arbeiterinnen in der IWW. Alle Autorinnen der ersten Ausgabe sind auch Mitglieder der IWW. Einige der Geschichten wurden bereits in dem Buch Nappalos, Scott (2013), Lines of Work: Stories of Jobs and Resistance, Edmonton (Kanada) veröffentlicht. Das Buch ist ein Projekt von linken BasisaktivistInnen aus den USA; Kanada und Großbritannien. Viele der AutorInnen sind selbst Mitglieder der Industrial Workers of the World (IWW), einige andere sind in weiteren linken Organisationen aktiv. Allen gemeinsam ist, dass sie versuchen widerständige Geschichten an ihren Arbeitsplätzen, aus der Perspektive ihres eigenen Engagements veröffentlichen um andere zu ermutigen selbst aktiv zu werden. Das Buch ist die gedruckte und erweiterte Form des Blogs recomposition.info

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