Übersicht
Unternehmen: „Die Pflegeexperten“. Kleines Unternehmen in der ambulanten Pflege
Ort: Frankfurt am Main
Besonderes: Der Kollege wurde bei der Gründung eines Betriebsrates gekündigt, erhielt danach aus weiten Kreisen Solidaritätsbekundungen. Das kleine Unternehmen zeigte sich schwer schockiert und ist unter anderem nach den Protesten nach Eigenaussage in eine finanzielle Krise geraten.
Jahre: 2015 – 2017
Branche:
Weiterführende Infos:
Artikel auf Labournet.de
Netzwerk Care Revolution
Bündnis „Mehr von uns ist besser für Alle“
Erfahrungsbericht
Von Harald Stubbe.
Die Pflegeexperten oder das scheitern beim Organisieren.
Die Pflegeexperten sind ein mobiler Pflegedienst, mit 5-7 MitarbeiterInnen. Als ich im März 2015 dort anfing zu arbeiten, war schnell klar, dass dort Arbeitsschutzgesetze in keinster Weise eingehalten werden. Auch rannte man dauernd seinem Geld hinterher.
Der Lohn kam zwar pünktlich, aber wir mussten das Tankgeld privat vorlegen. Da alle drei Tage getankt werden musste, hatte die Chefin von jedem dauerhaft einen Kredit von 50 Euro.
Ich hatte fast nur Spätdienst und traf andere KollegInnen höchstens 1-2 Mal im Monat wenn sie in den Feierabend gingen und ich kam. So blieben höchstens mal 5 Minuten um sich zu unterhalten. Das Aufregen ging jedoch trotzdem richtig gut.
„Da alle drei Tage getankt werden musste, hatte die Chefin von jedem dauerhaft einen Kredit von 50 Euro.“
Mein Vertrag war befristet und lief nach einem Jahr aus. Es hat sich keiner darum gekümmert. Man ging davon aus, dass ich schon weiterarbeiten würde. 2 Wochen vor Vertragsende hab ich dann gefragt, wie es mit meinem Resturlaub ist, da mein Arbeitsvertrag bald endet. Da gab es eine riesige Aufregung. Die Pflegeexperten suchen dauernd Leute und finden niemanden. Ich habe gepokert und behauptet ich hätte schon eine neue Arbeit, Daraufhin hat man sich geeinigt dass ich 400 € mehr bekomme und der Dienstplan musste zukünftig am 15. Des Vormonats ausgehängt sein und nicht wie bis dahin erst am 25.
Jetzt hatte ich einen Festvertrag und begann mit den Vorbereitungen zur Betriebsratswahl. Damit hatte ich Erfahrung. Hatte ich doch bei dem Catering Unternehmen Aramark und Jahre später bei Eurest in 2 Weltweit tätigen Unternehmen Betriebsratswahlen iniziiert und in beiden Betrieben hatte ich einen 100% gewerkschaftlichen Organisationsgrad erreicht. Erst in der NGG und dann bei den IWW.
Ich brauchte jetzt zwei Leute die mit mir den Wahlvorstand bilden. Ein Kollege der auf 450 Euro Basis arbeitete und einer, der innerlich schon gekündigt hatte, machten mit. Wir haben im Handstreich eine Wahlversammlung angesetzt. Da tauchte dann jedoch ein Mensch auf, den niemand kannte. Er war jedoch auch Mitarbeiter. Die Person wollte die Versammlungsleitung an sich reisen, hat herum geschriehen und uns mit Kündigung gedroht. Erst als ich ihm sagte, dass ich jetzt die Polizei hole und ihn entfernen lasse (hatte schließlich als Versammlungsleiter Hausrecht) gab er Ruhe. Bei der Betriebsratswahl war eine Kollegin leider nicht da wegen Krankheit und eine andere,die neu war, wurde eingeschüchtert.
So konnte eine arbeitgeberfreundliche Kollegin gewählt werden. Ich selbst erhielt die Kündigung. Natürlich habe ich geklagt. Da meine 2 Mitstreiter nicht im Betrieb bleiben wollten und mir klar war dass ich nur 6 Monate Kündigungsschutz hatte und danach aus betrieblichen Gründen gekündigt würde (in Kleinbetrieben greift das Kündigungsschutzgesetz mit der Spezialauswahl nicht), habe ich mich auf eine kleine Abfindung eingelassen. Resümee: Die KollegInnen waren zwar aufgeregt, aber nicht geimpft. Es gab zu wenig Gespräche obwohl ich mich an freien Tagen bei Patienten mit KollegInnen getroffen hatte. Die Analyse des Betriebs war nicht ausreichend, so konnte eine Person auftauchen die keiner Kannte. Irgendwann muss eine Planung abgeschlossen sein und Taten müssen folgen. Zu viel Angst vor dem nächsten Schritt lähmt jede Aktion. Mann darf aber auch nicht vorschnell den nächsten Schritt machen. Das geht dann nach hinten los.
Lasst es uns beim nächsten mal besser machen, aber lasst es uns machen!