Übersicht
Unternehmen: In Deutschland aktive Franchise-Kette
„Hallo Pizza“
Ort: Leipzig
Jahre: 2012 – 2015
Branche:
Gastronomie & Einzelhandel, Systemgastronomie
Weiterführende Infos:
Andere Erfahrungen aus der Gastronomie & Einzelhandel
Erfahrungsbericht
Von Klaus Canzely.
Über den Verlauf der Organisierung in Leipzig
Ausgangssituation Hallo Pizza Filiale
Hallo Pizza ist ein „Franchise“ Unternehmen. Das bedeutet dass unter demselben Logo dieselben Gerichte zubereitet und ausgeliefert werden, jede Filiale aber seinen eigenen Chef besitzt. Dieser Chef hat bis zu einen gewissen Grad auch eine individuelle Entscheidungsfreiheit im Bezug auf Lohn etc. Innerhalb Leipzigs waren wir die Umsatzstärkste Filiale. Auch wenn Hallo Pizza eine Kette ist, wirkte die Filiale immer sehr familiär, was bei den Arbeiter*innen zu einer großen Betriebsidentifikation fühlte.
Persönliche berufliche Ausgangssituation
Seit Oktober 2013 arbeitete ich als Minijobber bei Hallo Pizza, um ein Teil meiner anderen Ausbildung zu finanzieren. Hauptsächlich war ich in dieser Zeit als Küchenhilfe und im Lieferdienst aktiv. Teilweise arbeitete ich aber auch schon im Büro mit. Ab September 2013 erhielt ich dann eine Vollzeitstelle. Nun war ich fast ausschließlich im Büro tätig. Zu meinen Aufgaben gehörten die Bearbeitung von Abrechnungen, Inventuren, Bestellungen aufgeben, Kontaktieren von Zuliefern bei evtl. Problemen und teilweise die Entgegennahme der Lieferung. Beendet habe ich das Arbeitsverhältnis selber August 2015.
Personelle Ausgangssituation der Filiale
Im Lieferservice, sowie in der Küchenhilfe, waren ca. 20 Kolleg*innen angestellt. Von diesen 20 waren ca. 15 Minijobber*innen und 5 Voll- oder Teilzeitkräfte. Im Bereich der Zubereitung waren ca. 15 Leute Voll- bzw. Teilzeitangestellte und 5 Minijobber*innen. Pro Schicht gab es 1 Schichtleiter von denen es Insgesamt 4 Festangestellte gab. Innerhalb der „Büroabteilung“ gab es 8 Vollzeitkräfte, ausgenommen der Chef und sein Stellvertreter.
Räumliche Ausgangssituation
Die ganzen Räumlichkeiten zu beschreiben wäre überflüssig, für die Weise wie ich organisiert habe. Wichtig ist aber zu wissen, dass die Büroabteilung, in der 2. Etagen, räumlich getrennt von der Filiale im Erdgeschoss war. So kam es vor dass man einige Kolleg*innen teilweise eine komplette Woche nicht gesehen hat. Der einzige gemeinsame Punkt an dem man sich zufälliger weise manchmal getroffen hat, war der Treppenaufgang zum Büro. Da neben den Treppenaufgang eine kleine Raucherinsel für das gesamte Küchenpersonal war.
Einstellung und Verhältnis zum Chef
Unser Chef war nicht gewerkschaftsfeindlich Eingestellt. Er ist SPD Mitglied. Er hatte einen guten Umgang mit den Mitarbeiter*innen und nahm sich auch persönlichen Problemen an, wie mir andere Kolleg*innen berichteten. Das Verhältnis von der Belegschaft zum Chef war durchweg gut. Ich kann mich zumindest an keine andere Aussage erinnern. Mich natürlich ausgeschlossen.
„Organizing“ Historie
Als ich noch in der Küche arbeitete haben sich alle Kolleg*innen immer über die Arbeitsbedingungen aufgeregt. Meistens geschah das an der Raucherinsel, da man hier ungestört vom Schichtleiter war. Auffällig war, dass die Festangestellten eher dazu bereit waren etwas dagegen zu unternehmen, als die Minijober*innen. Meistens Argumentierten die Minijobber*innen dann damit:“Dass sie sich ja sowieso nur ein kleines Taschengeld nebenbei verdienen wollen und deshalb kein Stress wollen“.
In meiner ganzen Unerfahrenheit bin ich dann natürlich immer sofort mit der Tür ins Haus gefallen und habe gesagt: “Wir müssen eine Betriebsgruppe gründen“. Getan hat sich allerdings dadurch nicht viel..
In meiner ganzen Unerfahrenheit bin ich dann natürlich immer sofort mit der Tür ins Haus gefallen und habe gesagt:“Wir müssen eine Betriebsgruppe gründen“. Getan hat sich allerdings dadurch nicht viel. Aus meiner Sicht war der Ausschlaggebende Punkt zur Gründung der Betriebsgruppe, meine „Beförderung“ ins Büro.
Dadurch hatten 2 Kolleg*innen aus der Küche, das Gefühl dass es nun Sinn macht wirklich etwas zu unternehmen. Ihre Begründung war ganz einfach die:“dass jetzt einer von uns näher beim Chef sitzt und somit mehr Einfluss hat.“ Dazu kam auch noch dass ich 2 weitere Kolleg*innen aus den Büro motivieren konnte mit einzusteigen. Wir trafen uns daraufhin eine Woche später beim Bäcker gegenüber und gründeten eine Betriebsgruppe. Unsere Erste Forderung war, dass der Bereitschaftsdienst vergütet wird. Aus heutiger Perspektive war das meines Erachtens nach ein Fehler, da es ein zu großes Ziel für den Anfang war. wir trugen unsere Forderung unseren Chef vor, der darauf gelassen reagierte und sagte:“Er findet dass richtig, könne aber darüber nicht entscheiden weil dass die Zentrale in Berlin Entscheiden muss“. Wir trugen also unsere Forderung zur Zentrale weiter, die wiederum auf den Chef verwies.
Dieses ganze Problem soll exemplarisch dafür stehen, weil jeder den anderen immer in Verantwortung zog und dass bei allen weiteren Problemen der Fall war. Unsere Hauptarbeit bestand also in den ersten Monaten darin aufzuklären was darf der Chef entscheiden, was geht nur mit Zustimmung der Zentrale.
Diese ganze Bürokratie schwächte und belastete die Gruppe sehr stark. Die Treffen wurden unregelmäßiger, Aufgaben wurden nicht erfüllt etc. Am Ende bekamen wir die Vergütung für den Bereitschaftsdienst vom Chef zugesprochen. Doch der ganze Prozess führte dazu, was für die nächsten Jahre, bis ich nicht mehr bei Hallo Pizza arbeitete exemplarisch war.
Es gab keine regelmäßigen Treffen, getroffen wurde sich immer erst wenn kurz vor der Angst ein Problem bearbeitet werden musste. Die Kolleg*innen zeigten wenig Eigenaktivität im Bezug auf Übernahme von Aufgaben, ich musste viele alleine machen und fühlte mich teilweise wie ein erwünschter Gewerkschaftssekretär. Es gab also klare Wissenshierarchien bzw. Angst Aufgaben zu übernehmen. Dazu muss man allerdings auch sagen dass ich bis dahin keine richtige Idee hatte wie ich die Leute besser einbinden kann, da ich noch kein Organizing Training hatte. Ob es die Betriebsgruppe heute noch gibt weiß ich nicht, ich habe keinen Kontakt mehr zu den Kolleg*innen.
Die Weiteren Erfolge und Misserfolge werde ich kurz zusammenfassen. Weil die Hauptproblematik immer dieselbe war was geht über die Zentrale was darf der Chef entscheiden.
Die Gründung einer Betriebsgruppe an sich sehe ich zumindest schon als Erfolg an.
Erfolge
Die Gründung einer Betriebsgruppe an sich sehe ich zumindest schon als Erfolg an. Des Weiteren haben wir erreich das mehr Küchen und Lieferpersonal zu Hochzeiten eingesetzt wird. Außerdem hatten wir einen Stundenlohn von 10€ für Voll – und Teilzeitangestellte statt 8,50€.
Misserfolge
Der Lohn für Minijobber*innen konnte bis zur Einführung des Mindestlohns nicht erhöht werden. Die Minijobber*innen werden bei Hallo Pizza immer bei der Filiale eingeteilt die ihrem Wohnort am nächsten ist. Deshalb darf es keine Lohnunterschiede zwischen den Filialen geben und der Lohn wird von der Zentrale in Berlin festgelegt. Ein weiterer Misserfolg war dass wir es nie geschafft haben, Kontakt zu andere Filialen herzustellen, somit unser einziges Argument bei Verhandlung mit der Zentrale immer war „dass wir die Umsatzstärkste Filiale in Leipzig sind“.