Außerhalb der rechtlichen Definition einer Gewerkschaft – Teil 1

Übersicht

Organisierung-Strategien:  Es gibt verschiedene Möglichkeiten, für Kolleg*innen zu organisieren und Dinge gegen Chefs durchzusetzen. Eine dieser Optionen ist es, außerhalb der rechtlichen Definitionen einer Gewerkschaft zu organisieren.

Besonderes: Dieser Text versucht ein paar Hilfen an die Hand zu geben um herauszufinden welche Organisierungsstrategie funktionieren. Der Original-Artikel erschien am 19. September 2015 auf dem IWW-nahen Blog Recomposition.

Kategorie

Direkte Aktion, Kampagnenplanung, Neu, Querschnittsthemen

Weiterführende Infos:
Englischer Artikel im Original

Erfahrungsbericht

Von Phinneas Gage.
Konkrete Beispiele für Gewerkschaften außerhalb des rechtlichen Gewerkschaftsrahmens:
Teil 1

Dies ist der erste Teil (Teil2 / Teil3)einer Reihe von konkreten Beispielen und sehr kurzen Zusammenfassungen von Organisationen, die eine Komponente direkter Aktionen und eine Form von Tarifverhandlungen haben, die außerhalb des Rahmens der rechtlichen Rahmen der staatlichen Behörde für Arbeitsbeziehungen stattfinden.
In der ersten Serie geht es ausschließlich um Betriebe im Transportwesen. Es gibt ein gängiges Argument, das von den Arbeitgebern unterstützt wird, dass diese Leute keine Arbeiter*innen sind, sondern eher Kleinunternehmer. Das ist natürlich Unsinn, denn ob man Arbeiter*in ist, hängt nicht von der Art des Lohns ab, den man bezieht, und der Akkordlohn ist so alt wie die Bezahlung selbst. Der Besitz von eigenem Werkzeug macht jemanden nicht zur Unternehmer*in, sonst wären viele Handwerker*innen keine Arbeiter*innen. Diese Arbeiter*innen haben auf einzigartige Situationen reagiert, die Organizer*innen überall positive Beispiele liefert und aufmerksam beobachtet werden sollten.

1. Gewerkschaftliche Zusammenschlüsse im Transportwesen.

a.) Yellow Cab in Edmonton, Kanada. Die Taxifahrer in Edmonton hatten einige Jahre lang einen informellen Zusammenschluss, die Forderungen an die Stadt Edmonton, verschiedene Hotels und ihr eigenes Unternehmen stellte. Sie untermauerten diese Forderungen mit direkten Aktionen. Ihre wichtigste Taktik waren Streikposten am Auto. Bei manchen Streitigkeiten umzingelten sie ein Hotel, in dem es eine Beschwerde gab, oder das Rathaus und blockierten in einem Fall die Auffahrt zum Flughafen.

Vorteile: Sie hatten ein sehr hohes Maß an Engagement der Mitglieder und eine Aktionsfähigkeit, mit der sie große Erfolge erzielen und es mit großen Institutionen aufnehmen konnten.

Nachteile: Sie schienen keine Methode zu haben, um kleine Missstände zu beseitigen, die keine Hunderte von Autos für eine Mahnwache erforderten.

Was geschah?
Sie wurden schließlich von der Gewerkschaft Teamsters anerkannt, die große Versprechungen machten. Den Teamsters gelang es nicht, einen ersten Tarifvertrag abzuschließen, und sie traten in den Streik. Der Streik brach zusammen, weil eine Reihe von Taxifahrern sich nicht am Streik beiteiligten und den nicht als legitim anerkannten. Dies steht im krassen Gegensatz zu den Streikposten in der Autoindustrie, die eine hohe Beteiligung und fast keine Streikbrecher*innen hatten. Viele Beschäftigte hatten Angst vor Lohneinbußen oder meinten, sie könnten sich das nicht leisten. Einiges davon ist wahrscheinlich auf die schlechte/schlampige Organisation der Teamsters zurückzuführen, aber der Vorteil des alten Zusammenschlusses, dass sie auch während der Arbeit Streikmaßnahmen ergreifen konnte, ohne dass ihnen im Gegensatz zu den Teamsters Geldstrafen von der staatlichen Aufsichtsbehöre ALRB drohten. So konnten sie am selben Tag Fahrpreise kassieren und Aktionen durchführen.

Es gibt immer noch eine Taxivereinigung in Fort MacMurray, die auf einer ähnlichen Grundlage arbeitet, und Proteste, die aus der Ferne ähnlich aussehen, in Calgary.

b). Alberta Sand und Schotter Transporteure. Diese Fahrer*innen kamen aus ähnlichen Gruppen von Migrant*innen wie die Yellow Cab-Arbeiter*innen und hatten eine ähnliche Organisation. Sie scheinen sich auf einige rechtliche Mittel zu stützen, nutzen mehr Medienöffentlichkeit und es gibt Hinweise darauf, dass sie Lobbyarbeit betreiben. Soweit ich weiß, gibt es sie immer noch, aber vor einigen Jahren gab es eine Reihe von Arbeitsniederlegungen, bei denen sie mit abgenommenen Abdeckungen vor dem Parlament in Alberta im Kreis fuhren und überall Staub und kleine Schotterpartikel versprühten. Sie waren ziemlich effektiv, um Zugeständnisse zu erwirken und schafften es tatsächlich, einige konkrete Verhandlungen zu führen.

Vorteile: Sie haben es geschafft, stabil und langfristig zu sein.

Nachteile: Ähnlich wie bei Yellow Cab schien es keine sichtbare Möglichkeit zu geben, kleinere Streitigkeiten beizulegen.

Was geschah? Der Betrieb läuft weiter, die Militanz hat nachgelassen und es wurden einige Zugeständnisse gemacht. Oft sind die Aktionen an die Gaspreise gekoppelt, so dass es eine Art ständiger Tarifverhandlungen um die Tarife gibt.

c). Reynolds Diaz Subunternehmer*innen. Bei drei verschiedenen Gelegenheiten legten die Arbeiter*innen von Canada Post, die unter dem Subunternehmer Reynolds arbeiteten, den Postverkehr lahm. Einmal im Jahr 2010 als Vergeltung für eine Lohnkürzung, die dann rückgängig gemacht wurde. Einmal wurde die Lohnkürzung rückgängig gemacht, um die streikenden Landarbeiter*innen zu unterstützen, und einmal ging es um einen ähnlichen Versuch, die Löhne zu kürzen, über den es nur spärliche Informationen gibt, der aber laut Berichten aus zweiter Hand erfolgreich war.

Vorteile: Sie waren sehr erfolgreich und bestehen schon seit sehr langer Zeit. Sie haben es geschafft, ihre Macht durch verschiedene Aktionen auszubauen und waren wahrscheinlich besser darin, die Solidarität mit der kanadischen Postgewerkschaft CUPW auszuweiten als die CUPW mit ihnen.

Nachteile: Sehr informell, scheint sich hauptsächlich auf die Schlüsselpersonen außerhalb des Arbeitsplatzes und innerhalb des Unternehmens zu verlassen. Außerdem gibt es keinen klaren Prozess für die Beilegung kleinerer Streitigkeiten. Sehr hohe Fluktuation, die anscheinend durch Schlüsselpersonen aus den kulturellen Gruppen außerhalb der Arbeit ausgeglichen wird, die die Belegschaft ausmachen.

Was ist passiert? Es gibt sie noch.

d). Troqueros/Hafen-Trucker in Vancouver
An der gesamten Westküste gibt es Arbeiter*innen, die in den großen Häfen arbeiten. Sie führen häufig Arbeitsniederlegungen durch, die in einigen Fällen Tausende von Lkw und Waren im Wert von mehreren zehn Millionen Dollar vernichten. Es gibt große Unterschiede zwischen den verschiedenen Häfen, und in einigen wie Los Angeles oder Vancouver gibt es viele Aktionen.

Vorteile: Eine gewisse Koordination über ein großes geografisches Gebiet, mehrere Häfen und zwei Länder. Sehr starke wirtschaftliche Hebelwirkung. Gewisse Koordination mit anderen Gewerkschaften (z.B. UNIFOR in Vancouver). Sehr stabil und seit langem existierend, wahrscheinlich seit Jahrzehnten. Mit Arbeitskampfmaßnahmen, die mindestens zehn Jahre zurückreichen.

Nachteile: In Vancouver gibt es mehrere Gewerkschaften, wobei UNIFOR eine Gruppe von Arbeiter*innen vertritt; es gibt Anzeichen dafür, dass dies Teil der Bemühungen ist, die Belegschaft zu „teilen“. In Los Angeles gibt es viel Politik und einige verschiedene Gruppen, die zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Strategien verfolgen. Wie üblich gibt es keine kleineren Modelle, um die Belange kleinerer Gruppen von Arbeiter*innen anzugehen, oder Probleme, die nicht groß genug sind, um von einem wilden Streik gelöst zu werden, die aber für einzelne Arbeiter*innen zu groß sein könnten, um sie selbst zu lösen.

Links

Taxis:
http://fortmc.ca/fort-mcmurray-news/fort-mcmurray-taxi-drivers-set-walk-away-from-the-wheel-t10900.html
http://www.calgarysun.com/2013/08/26/associated-cab-drivers-strike-at-calgary-international-airport-in-protest-of-companys-airport-service-monopoly
http://www.canada.com/story_print.html?id=3351b80c-667a-4269-99a1-5fdd18dee584&sponsor
http://edmonton.ctvnews.ca/taxi-strike-begins-with-little-effect-to-service-1.912357

Trucker:
http://www.libcom.org/blog/union-truckers-join-strike-port-metro-vancouver-10032014

Postdienstleister:
http://recomposition.info/2014/01/30/scabs-part-i/
http://recomposition.info/2014/02/08/scabs-part-ii-the-st-albert-wildcat/


Übersetzt von Mark Richter.

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Fotos & Videos

Credits: Libcom
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